Radioaktivität in Haus und Wohnung

SNB11917In beinahe jedem unserer Lebensbereiche kommt Radioaktivität vor. Die strahlenden Elemente der Erdkruste finden sich selbstverständlich auch in allen Baustoffen wieder. In 90 % aller Wohnungen wird eine höhere ionisierende Strahlung gemessen als im Freien. Je nach Herkunft von Rohmaterialien und Zuschlagstoffen können z.B. ungünstig gewählte Ziegelsteine eine messbare Erhöhung des Strahlungspegels in Gebäuden verursachen. Auch an Gips und an Schlacken wurden schon deutlich erhöhte Werte gemessen. Auffällig ist das Problem bei Glasuren von Fliesen aus den 70er Jahren, die mitunter mit radioaktiven Stoffen belastet sein können. Zur Farbgebung (rot, gelb, braun) wurden uranhaltige Pigmente verwendet. Die Bewertung von auffällig kontaminierten Baustoffen erfolgt nach Messung der Beta- und Gamma-Strahlung mit einem Geiger-Müller-Zählrohr oder mit einem Kontaminationsmonitor. Gemessen wird die Aktivität der Stoffe in Bq/cm-² (Becquerel pro Quadratzentimeter) oder ips, physikalisch richtig ist s-¹ (Impulse pro Sekunde). 1 Becquerel  ist ein Kernzerfall pro Sekunde. Eine Umrechnung in die Dosisleistung Sievert (Sv) ist möglich.  

Maßgebend für die Höhe der radioaktiven Strahlung sind die Zusammensetzung, die Herkunft und das Herstellungsverfahren der Baustoffe. Granit, Tuff und Bims als vulkanische Gesteine sind typisch für eine möglich erhöhte Radioaktivität. Durch die Verwendung belasteter Baustoffe tritt eine Erhöhung der Strahlenexposition auf, je nachdem wie viel davon verbaut wurde und wie lange die Aufenthaltsdauer in diesen Räumen ist. Dagegen enthalten die Baumaterialien Sand, Kies, Kalkstein, und Naturgips je nach Abbaugebiet meistens nur geringe Mengen an Radioaktivität. Lehm und Ton haben zwar hervorragende bauphysikalische Eigenschaften, können je nach Herkunft aber erhöhte ionisierte Strahlung wiedergeben.

Folgende Baumaterialien, nimmt man die natürliche Umgebungsstrahlung zum Maßstab, erhöhen die Strahlung in Wohnungen und Häusern zum Teil erheblich. Bei einigen ist aber auch eine leichte Abschirmung möglich.

 

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Holz, Kalk      -50% – 0%
Sand, Kies, Kalksandstein, Naturgips      -30% – 0%
Beton, Gasbeton, Zement, Putze      -20% – 10%
Ziegelsteine, Dachpfannen       10% – 50%
Klinker, Fliesen       10% – 100%
Chemiegips       30% – 200%
Granit und Schiefer (nicht alle Arten)       30% – 250%
Bimssteine, Schlackensteine, Hüttensteine       50% – 300%
Basalt, Tuff       50% – 400%
Industrieabfälle, Aschen, Schlacken     100% – 500%
Alte Glasuren, Leuchtziffern, Antiquitäten     500% – 50000%

 

Baustoffe enthalten ebenso wie der Erdboden Radium, das zu Radon zerfällt. Radon ist ein radioaktives Edelgas, das aus festen Stoffen zerfällt. Die Konzentration in der Raumluft hängt im wesentlichen vom Zustrom aus dem Erdreich und der Exhalation der Baustoffe ab. Masseinheit für die Raumluftmessung ist Bq/cm-³. Die durch Zerfall entstehenden Folgeprodukte von Radon sind biologisch relevant, da sie lungengängig sind.

Wenn ein Verdacht vorliegt ist es ratsam, in Wohnungen und Häusern zu messen, ob Baumaterialien oder sonstige Gegenstände kontaminiert sind und dadurch eine eventuell erhöhte Strahlung vorhanden ist.

Die biologische Wirkung radioaktiver Strahlung wird durch die physikalische Größe Äquivalentdosis erfasst. Die Äquivalentdosis kennzeichnet die von einem Körper aufgenommene Energiedosis unter Berücksichtigung biologischer Wirkungen.

In Deutschland  ergibt  sich im  Mittel eine  natürliche  Strahlenexposition von 2,1 mSv/a  (Millisievert pro Jahr Äquivalentdosis).  Die  Jahresdosis der Strahlung sollte den  Wert von  3 mSv pro Jahr  nicht überschreiten, wenn diese über das ganze Jahr wirkt. Geiger-Müller-Zähler und Kontaminationsmonitore werden für diese Untersuchungen eingesetzt. Eine Messung der spezifischen Strahlenexposition ist zwar am genauestens, ein orientierende Messung ist in der Regel aber für eine Bewertung ausreichend. Gegenüber der Hintergrundexposition erhöhte Werte von 0,3µSv/h-¹ sind bereits leicht auffällig und sollten an Schlafplätzen sowie Daueraufenthaltsorten vermieden werden.

Typische Messwerte im Freien sind etwa 0,04 – 0,06µSv/h-¹, in Gebäuden etwa 0,1 – 0,2µSv/h-¹ (Mikrosievert pro Stunde).

Messwerte werden als Stunden- und Jahreswerte angegeben. Dabei gilt die Umrechnung: 0,1 µSv/h-¹ = 876 µSv/a  (0,1 x 24 Stunden x 365 Tage).

 

Begriffe:

Strahlenexposition – einer radioaktiven Strahlung ausgesetzt

Kontamination – radioaktive Stoffe haben sich auf einer Oberfläche abgelagert

Exhalation – radioaktive Stoffe werden von Baustoffen abgegeben

Inhalation – radioaktive Stoffe werden über die Atmung aufgenommen

Inkorporation – radioaktive Stoffe sind in den Körper gelangt

Ingestion – natürliche radioaktive Stoffe werden mit der Nahrung aufgenommen